Das Gautschen in der Druck-Branche

Das Gautschen – die ganz besondere Taufe für Gesellen in der Druck-Branche

Das Gautschen – die sogenannte Buchdrucker-Taufe – macht mitunter einen eher unsanften Eindruck, geht jedoch auf eine lange Tradition zurück.

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Das Gautschen – die sogenannte Buchdrucker-Taufe – macht mitunter einen eher unsanften Eindruck, geht jedoch auf eine lange Tradition zurück.

Noch heute „tauft“ man auf diese Weise „frischgebackene“ Gesellen, die ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben. Früher waren dies hauptsächlich Buchdrucker, heute hingegen sind es vorzugsweise Offsetdrucker, Buchbinder und Mediengestalter, welche nach Beendigung ihrer Ausbildung den Gautschenprozess durchlaufen. Hierzu wird der oder diejenige auf einen Stuhl mit nassen Schwämmen gesetzt und zusätzlich dann in eine Bütte (einen Bottich) eingetaucht. Das Prozedere wird durch einen Gautschmeister – welcher zuvor ernannt wird- einem Schwammhalter sowie dem ersten und zweiten Packer begleitet.

Das Gautschen steht auch für eine Art „Reinigungsprozess“. Wer gegautscht wird, der wird gleichsam auch symbolisch von all seinen schlechten Gewohnheiten, die er während seiner Ausbildungszeit an den Tag gelegt hat, gereinigt. Zum Schluss erhält der Geselle dann einen sogenannten Gautschenbrief als Erinnerung an diesen Tag mit auf seinen Weg.

Dieser enthält einen Text, wie diesen hier und wird meist sehr künstlerisch und mit Liebe zum Detail gefertigt.

Packt an! Lasst seinen Corpus posteriorum fallen auf diesen nassen Schwamm, bis triefen beide Ballen. Der durst’gen Seele ein Sturzbad gebet obendrauf- Das ist dem Sohne Gutenbergs die allerbeste Taufe“.
Von Gottes Gnaden, wir Jünger Gutenbergs, des heiligen römischen Reiches tun an mit jedermännlich Kund und zu wissen, dass der Jünger der wohl edlen Buchdruckerkunst nach altem Brauch und Herkommen heute mit Zuziehung des Herrn Gesellen…… die Wassertaufe ad posteriora erhalten hat und damit in sämtliche uns von Kaiser FriedrichIII. Verliehenen Rechten und Previlegien eingesetzt ist. Kraft dieses Briefes gebieten wir allen unseren Kunstgenossen, obengenanten Jünger Gutenbergs als echten Schwarzkünstler anzuerkennen und aufzunehmen.
Unterschriften des Gautschmeister, des Schwammhalters, erster Packer, zweiter Packer und Zeugen.

Bei einer solchen Taufe darf natürlich auch das leibliche Wohl nicht zu kurz kommen und so gehört zum Gautschen auch ein zünftiges Fest mit Essen und Trinken und gemütlichem Beisammensein. Doch das war nicht immer so. Früher wurde dieser Brauch in einem eher kleinen Rahmen im jeweiligen Betrieb durchgeführt und die Getränke und Speisen für die Gäste waren das sogenannte Gautschhonorar, welches die Lehrlinge „bezahlen“ mussten. Heutzutage findet diese Ehrung zumeist in einem doch durchaus öffentlichen Stil statt und das Gautschhonorar wird aufgrund der Größe der Festivitäten meist vom Ausbildungsbetrieb übernommen.

Die Bezeichnung Gautschen kommt ursprünglich aus der Papierherstellung. Genauer gesagt aus der Herstellung von Büttenpapier, welches von Hand geschöpft und zum Schluss auf ein Trockenfilz unter leichtem Druck abgelegt wird. Noch heute nennt man in der industriellen Papierfertigung die erste mechanische Entwässerung der Papierbahn Gautschen. Erst danach wird das zuvor feuchte Papier in die Pressenpartie weitergeführt. Auch in der Karton-Herstellung findet sich dieser Begriff wieder, hierbei allerdings bezieht sich das Gautschen eher auf das Übereinanderlegen von mehreren Lagen Papier und weiteren Materialien zu einer stabilen Kartonage.

Bildquelle: fotolia © demarco